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Zukunfts­gedanken
______ Die Zukunft wird gut, weil die Menschen innovativ sind, sagt Kristina zur Mühlen im Interview. Gleichzeitig fordert die Physikerin und Fernsehmoderatorin aber auch, dass die weichen Faktoren stärker in den Blick geraten. Sie setzt auf ein Klima der Offenheit, auf mehr Freundlichkeit und Teamwork.

Wissenschafts- und
Medienprofi,

Kristina zur Mühlen hat nach ihrem Physikstudium in Jena eine klassische Fernsehkarriere hingelegt. Nach einem Volontariat arbeitete sie als Reporterin für NDR und RBB, moderierte ein Regionalmagazin und auch die Tagesschau, in der sie in ganz Deutschland die wichtigsten Nachrichten in die Wohnzimmer brachte. Parallel dazu übernahm sie auch die Moderation des Wissenschaftsmagazins „nano“ im ZDF und auf 3sat, womit sich der Kreis zu ihrem Studium schloss. Heute ist sie an vielen Stellen als Keynote-Speakerin bei Veranstaltungen aus Wissenschaft und Wirtschaft zu hören.

Frau zur Mühlen, eines Ihrer Themen ist, in welcher Zukunft wir leben wollen. Was sind Ihre drei persönlich wichtigsten Wünsche für Ihre Welt der Zukunft?
Am wichtigsten wäre mir, dass die Menschen freundlicher miteinander umgehen. Überall: im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, im Internet, in der Schule. Je besser wir uns darin üben, desto besser bewältigen wir ja auch schwierige Zeiten. Und ganz ehrlich: Es tut doch nicht weh, nett zueinander zu sein – oder?

Als Zweites wünsche ich mir ein Klima der Offenheit. Damit meine ich ein Klima, in dem kreative Ideen geboren werden können und nicht behindert werden. Wo man Neues ausprobiert. Diese Aufgeschlossenheit müssen wir uns erhalten. Sie ist gerade in der Krise wichtig. Wenn sich der gewünschte Erfolg nicht sofort einstellt, kann man immer noch überlegen, was man besser macht. Dafür müssen Sie sich öffnen und nicht verschließen. Und als Drittes wünsche ich mir mehr Vorbilder aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die Wunsch 1 und 2 vorleben.

Was wäre denn Ihre Vision von der Stadt der Zukunft?
In meiner Stadt der Zukunft probieren immer mehr Menschen aus, das Auto auch mal stehen zu lassen und vielleicht mal mit dem Rad zu fahren, wenn’s passt. Sie bewegen sich wieder mehr und stellen fest, dass das Radfahren sogar Spaß macht! Außerdem sind die Stadtviertel begrünt, laden zum Verweilen ein. Pflanzen brechen urbane Betonwüsten auf, sorgen für Frischluft, für ein angenehmes Mikroklima, sind Ruhezonen inmitten der Geschäftigkeit. Auch ist das Leben in den Stadtvierteln bunt und vielfältig. Jung und Alt leben nicht voneinander getrennt, sondern miteinander: Kindergärten und Einrichtungen für ältere Menschen liegen nebeneinander. Ihren Strom beziehen die Städter aus erneuerbaren Energiequellen: aus Sonnen- und Windenergie, Geothermie, Biogasanlagen o. a. Zukunftstechnologien. Rechenzentren speisen ihre Abwärme ins Fernwärmenetz ein. In mehrstöckigen Plantagen werden exotische Nutzpflanzen angebaut. Auf das Leben in einer solchen Stadt würde ich mich freuen.

Kinder auf die Zukunft vorzubereiten, ist Ihnen ein großes Anliegen. Wie können wir die Stärken der Jüngsten fördern?
Eine wichtige Basis sind Selbstvertrauen und Liebe. Wir sollten unbedingt das Selbstvertrauen unserer Kinder stärken – und natürlich Liebe schenken. Das ist das eine. Das andere ist: Lernen muss Spaß machen. Wenn etwas Spaß macht, beschäftigen wir uns gern damit und merken nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Es gab in meiner Klasse einen Jungen, der konnte sich partout nicht merken, das sieben mal acht 56 ist. Was macht meine Lehrerin?

Sie vereinbarte mit ihm eine lustige Begrüßungsformel. Statt „Guten Morgen” zu sagen, fragte sie ihn zu Unterrichtsbeginn als Allererstes: „Was ist sieben mal acht?“ Nach ein paar Tagen hatte er’s drauf: Seine Blockade war gelöst und er antwortete strahlend: „56!“ Das werde ich nie vergessen. Diese Lehrerin war mein Vorbild. Sie hat uns immer wieder gezeigt, was mit Kreativität, Humor und Liebe möglich ist …

Im Wohlbefinden der Ressource Mensch liegt ein Potenzial, das bislang zu wenig beachtet wird.

KRISTINA ZUR MÜHLEN

Schauen wir auf die Welt der Arbeit: Welche Fähigkeiten benötigen wir in den kommenden Jahrzehnten noch?
Wir leben in einer Welt, in der die Technik zunehmend von Maschinen, Computern und Algorithmen übernommen wird, desto wichtiger werden unsere sozialen Kompetenzen. Und diesen sozialen Kompetenzen müssen wir eine Chance geben.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht wäre das sinnvoll. Denn die Arbeit wird immer komplexer. Immer mehr Fachkräfte verfügen über „Insel-Wissen“. Und gleichzeitig sind sie auf das „Insel-Wissen“ der anderen angewiesen. Der Einzelne ist nichts ohne sein Team. Und das Team wird nur in dem Maße erfolgreich sein, wie die einzelnen Akteure der Gruppe gelernt haben, gemeinsam an Problemstellungen zu arbeiten, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren. Der Einzelne braucht die Einschätzung des anderen, weil er allein seinen Einsatzbereich nicht mehr überblicken kann. Und damit das Zusammenspiel im Team möglichst reibungsfrei klappt, sollten Führungskräfte „Zickenkriegen und Machtspielchen” möglichst keinen Nährboden bieten. Mobbing und Burnout schaden der Produktivität. Im Wohlbefinden der Ressource Mensch liegt ein Potenzial, das bislang zu wenig beachtet wird. Nur wenn Ihnen Ihr Chef diese Werte nicht vorlebt, können Sie’s vergessen!

Wir benötigen Wachstum, um unseren Lebensstandard zu halten, heißt es immer. Geht es auch ohne? Und wenn nicht: Wie kann dieses Wachstum nachhaltiger werden?
Es gibt keine „Anleitung“, wie man nachhaltig handelt. Nachhaltigkeit ist eine Einstellungsfrage. Wenn es mir wichtig ist, verantwortungsvoll zu handeln, finde ich Mittel und Wege, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Hier mal eine Handvoll Beispiele: Ein Unternehmer aus Hennef stellt Verpackungen für den Lebensmittelhandel aus Graspapier her. Er hat nach Alternativen für die Papierherstellung aus Holz gesucht und stieß dabei auf die hervorragenden Eigenschaften von Heu, das in der Landwirtschaft zuhauf anfällt. Eine junge Firma aus Belgien stellt mit 3D-Druck Sonnenbrillen aus Kunststoff-Abfällen her. Im holländischen Utrecht wurden letztes Jahr die Dächer von 300 Bushaltestellen bepflanzt, damit die Insekten was zu futtern haben. In Frankreich begrünen die Städte und Dörfer ihre Verkehrsinseln, um Bewohnern und Besuchern mehr Lebensqualität zu bieten. In Istanbul können Sie in der U-Bahn-Station leere Plastikflaschen abgeben und mit dem Pfand das Guthaben Ihrer Fahrkarte aufladen. Sie sehen es: Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Die einzige Grenze stellt sich jeder selbst: „Bin ich bereit, alte Gewohnheiten zu ändern?“ In der Bereitschaft zur Veränderung liegt der Kern. Das zeichnet übrigens auch erfolgreiche Unternehmer aus: Selbst in der Krise probieren sie Neues aus. Und wenn man hinfällt, steht man wieder auf!

Unsere Gesellschaft verändert sich, es gibt immer mehr Einzelinteressen und auch extremere Haltungen: Wie kann unsere Gesellschaft zu mehr Respekt und Miteinander finden? 
Diese „Platz-da-hier-komm-ich“-Mentalität ist leider sehr verbreitet. Aber ich bin froh, gleichzeitig zu erleben, dass der Anteil derjenigen wächst, die auf diese „Me-first“-Mentalität keinen Bock haben. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Nichtsdestotrotz ist der Mensch ein soziales Wesen, der die Gemeinschaft braucht. In China hat man ein Punktesystem eingeführt, das Social Scoring, um die Menschen zu mehr sozialem Verhalten zu bewegen. Das System funktioniert mit Überwachung. Hier in Deutschland ist sich die Mehrheit einig, dass wir das nicht wollen. Was bleibt also?

Ich denke, wir müssen noch die Erfahrung sammeln, dass es eigentlich guttut, freundlich zu anderen zu sein. Hier mal ein kleines Lächeln schenken, dort ein kurzes Dankeschön … Einem Fremden im Supermarkt die Tür aufhalten tut ja nicht weh … Funktioniert aber nur, wenn man selbst bereit ist, den ersten Schritt zu tun.

Ich wünsche mir ein Klima der Offenheit, in dem kreative Ideen geboren werden können und nicht behindert werden.

KRISTINA ZUR MÜHLEN

Frau zur Mühlen, eines Ihrer Themen ist, in welcher Zukunft wir leben wollen. Was sind Ihre drei persönlich wichtigsten Wünsche für Ihre Welt der Zukunft?
Am wichtigsten wäre mir, dass die Menschen freundlicher miteinander umgehen. Überall: im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, im Internet, in der Schule. Je besser wir uns darin üben, desto besser bewältigen wir ja auch schwierige Zeiten. Und ganz ehrlich: Es tut doch nicht weh, nett zueinander zu sein – oder?

Als Zweites wünsche ich mir ein Klima der Offenheit. Damit meine ich ein Klima, in dem kreative Ideen geboren werden können und nicht behindert werden. Wo man Neues ausprobiert. Diese Aufgeschlossenheit müssen wir uns erhalten. Sie ist gerade in der Krise wichtig. Wenn sich der gewünschte Erfolg nicht sofort einstellt, kann man immer noch überlegen, was man besser macht. Dafür müssen Sie sich öffnen und nicht verschließen. Und als Drittes wünsche ich mir mehr Vorbilder aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die Wunsch 1 und 2 vorleben.

Was wäre denn Ihre Vision von der Stadt der Zukunft?
In meiner Stadt der Zukunft probieren immer mehr Menschen aus, das Auto auch mal stehen zu lassen und vielleicht mal mit dem Rad zu fahren, wenn’s passt. Sie bewegen sich wieder mehr und stellen fest, dass das Radfahren sogar Spaß macht! Außerdem sind die Stadtviertel begrünt, laden zum Verweilen ein. Pflanzen brechen urbane Betonwüsten auf, sorgen für Frischluft, für ein angenehmes Mikroklima, sind Ruhezonen inmitten der Geschäftigkeit. Auch ist das Leben in den Stadtvierteln bunt und vielfältig. Jung und Alt leben nicht voneinander getrennt, sondern miteinander: Kindergärten und Einrichtungen für ältere Menschen liegen nebeneinander. Ihren Strom beziehen die Städter aus erneuerbaren Energiequellen: aus Sonnen- und Windenergie, Geothermie, Biogasanlagen o. a. Zukunftstechnologien. Rechenzentren speisen ihre Abwärme ins Fernwärmenetz ein. In mehrstöckigen Plantagen werden exotische Nutzpflanzen angebaut. Auf das Leben in einer solchen Stadt würde ich mich freuen.

Im Wohlbefinden der Ressource Mensch liegt ein Potenzial, das bislang zu wenig beachtet wird.

KRISTINA ZUR MÜHLEN

Kinder auf die Zukunft vorzubereiten, ist Ihnen ein großes Anliegen. Wie können wir die Stärken der Jüngsten fördern? 
Eine wichtige Basis sind Selbstvertrauen und Liebe. Wir sollten unbedingt das Selbstvertrauen unserer Kinder stärken – und natürlich Liebe schenken. Das ist das eine. Das andere ist: Lernen muss Spaß machen. Wenn etwas Spaß macht, beschäftigen wir uns gern damit und merken nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Es gab in meiner Klasse einen Jungen, der konnte sich partout nicht merken, das sieben mal acht 56 ist. Was macht meine Lehrerin?

Sie vereinbarte mit ihm eine lustige Begrüßungsformel. Statt „Guten Morgen” zu sagen, fragte sie ihn zu Unterrichtsbeginn als Allererstes: „Was ist sieben mal acht?“ Nach ein paar Tagen hatte er’s drauf: Seine Blockade war gelöst und er antwortete strahlend: „56!“ Das werde ich nie vergessen. Diese Lehrerin war mein Vorbild. Sie hat uns immer wieder gezeigt, was mit Kreativität, Humor und Liebe möglich ist …

Schauen wir auf die Welt der Arbeit: Welche Fähigkeiten benötigen wir in den kommenden Jahrzehnten noch?
Wir leben in einer Welt, in der die Technik zunehmend von Maschinen, Computern und Algorithmen übernommen wird, desto wichtiger werden unsere sozialen Kompetenzen. Und diesen sozialen Kompetenzen müssen wir eine Chance geben.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht wäre das sinnvoll. Denn die Arbeit wird immer komplexer. Immer mehr Fachkräfte verfügen über „Insel-Wissen“. Und gleichzeitig sind sie auf das „Insel-Wissen“ der anderen angewiesen. Der Einzelne ist nichts ohne sein Team. Und das Team wird nur in dem Maße erfolgreich sein, wie die einzelnen Akteure der Gruppe gelernt haben, gemeinsam an Problemstellungen zu arbeiten, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren. Der Einzelne braucht die Einschätzung des anderen, weil er allein seinen Einsatzbereich nicht mehr überblicken kann. Und damit das Zusammenspiel im Team möglichst reibungsfrei klappt, sollten Führungskräfte „Zickenkriegen und Machtspielchen” möglichst keinen Nährboden bieten. Mobbing und Burnout schaden der Produktivität. Im Wohlbefinden der Ressource Mensch liegt ein Potenzial, das bislang zu wenig beachtet wird. Nur wenn Ihnen Ihr Chef diese Werte nicht vorlebt, können Sie’s vergessen!

Wir benötigen Wachstum, um unseren Lebensstandard zu halten, heißt es immer. Geht es auch ohne? Und wenn nicht: Wie kann dieses Wachstum nachhaltiger werden?
Es gibt keine „Anleitung“, wie man nachhaltig handelt. Nachhaltigkeit ist eine Einstellungsfrage. Wenn es mir wichtig ist, verantwortungsvoll zu handeln, finde ich Mittel und Wege, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Hier mal eine Handvoll Beispiele: Ein Unternehmer aus Hennef stellt Verpackungen für den Lebensmittelhandel aus Graspapier her. Er hat nach Alternativen für die Papierherstellung aus Holz gesucht und stieß dabei auf die hervorragenden Eigenschaften von Heu, das in der Landwirtschaft zuhauf anfällt. Eine junge Firma aus Belgien stellt mit 3D-Druck Sonnenbrillen aus Kunststoff-Abfällen her. Im holländischen Utrecht wurden letztes Jahr die Dächer von 300 Bushaltestellen bepflanzt, damit die Insekten was zu futtern haben. In Frankreich begrünen die Städte und Dörfer ihre Verkehrsinseln, um Bewohnern und Besuchern mehr Lebensqualität zu bieten. In Istanbul können Sie in der U-Bahn-Station leere Plastikflaschen abgeben und mit dem Pfand das Guthaben Ihrer Fahrkarte aufladen. Sie sehen es: Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Die einzige Grenze stellt sich jeder selbst: „Bin ich bereit, alte Gewohnheiten zu ändern?“ In der Bereitschaft zur Veränderung liegt der Kern. Das zeichnet übrigens auch erfolgreiche Unternehmer aus: Selbst in der Krise probieren sie Neues aus. Und wenn man hinfällt, steht man wieder auf!

Ich wünsche mir ein Klima der Offenheit, in dem kreative Ideen geboren werden können und nicht behindert werden.

KRISTINA ZUR MÜHLEN

Unsere Gesellschaft verändert sich, es gibt immer mehr Einzelinteressen und auch extremere Haltungen: Wie kann unsere Gesellschaft zu mehr Respekt und Miteinander finden? 
Diese „Platz-da-hier-komm-ich“-Mentalität ist leider sehr verbreitet. Aber ich bin froh, gleichzeitig zu erleben, dass der Anteil derjenigen wächst, die auf diese „Me-first“-Mentalität keinen Bock haben. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Nichtsdestotrotz ist der Mensch ein soziales Wesen, der die Gemeinschaft braucht. In China hat man ein Punktesystem eingeführt, das Social Scoring, um die Menschen zu mehr sozialem Verhalten zu bewegen. Das System funktioniert mit Überwachung. Hier in Deutschland ist sich die Mehrheit einig, dass wir das nicht wollen. Was bleibt also?

Ich denke, wir müssen noch die Erfahrung sammeln, dass es eigentlich guttut, freundlich zu anderen zu sein. Hier mal ein kleines Lächeln schenken, dort ein kurzes Dankeschön … Einem Fremden im Supermarkt die Tür aufhalten tut ja nicht weh … Funktioniert aber nur, wenn man selbst bereit ist, den ersten Schritt zu tun.