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Olá, Senhor Wissing!

10 Fragen an den Erfolgstrainer Jens Wissing aus Gronau.

______ Erinnern Sie sich? Für die erste Ausgabe unseres Magazins DIE BANK trafen wir uns 2020 mit dem ehemaligen Fußballprofi Jens Wissing. Unter der Überschrift Zweite Halbzeit erzählte uns Jens, wie er sich nach einer schweren Sportverletzung neu erfinden musste und beruflich neue Wege beschritt.

S Seitdem hat sich viel getan. Sehr viel sogar. Jens hatte sich damals schon vorgenommen, sowohl geschäftlich als auch in der Welt des Fußballs jede sich bietende Chance zu nutzen, aber damit, dass er nur drei Jahre später als Co-Trainer mit Benfica Lissabon den portugiesischen Meistertitel holen und es bis ins Viertelfinale der Champions League schaffen würde, hätte wohl kaum jemand gerechnet. Wie hat er das geschafft? Wie geht es ihm heute? Und wie fühlt sich so ein Meistertitel an? Wir haben ihn kurz nach dem Gewinn der Meisterschaft in Lissabon angerufen und einfach mal gefragt.

»Dann bot mir Roger Schmidt 2021 überraschend an, sein Co-Trainer beim PSV Eindhoven zu werden.«

JENS WISSING

1. Herzlichen Glückwunsch zum Titelgewinn, Jens. Bei unserem letzten Gespräch 2020 hast du uns von deinen Projekten FiveHomeFitness und dem Präventionszentrum Münster erzählt. Seitdem hat dich das Fußballfieber aber wieder richtig erwischt, oder?

Absolut. Nach meiner Verletzung 2014 hatte ich mich zwar vor allem dem Thema Sport und Gesundheit gewidmet, war aber parallel auch immer offen für eine Chance zurück ins Fußballbusiness und habe weiter an meiner Trainerkarriere gearbeitet. Als ich 2019 Co-Trainer der U23 von Borussia Mönchengladbach wurde, ließen sich Geschäfte und Trainerjob noch gut miteinander vereinbaren. Dann bot mir Roger Schmidt 2021 überraschend an, sein Co-Trainer beim PSV Eindhoven zu werden und ich habe diese Riesenchance zur Rückkehr in den Profifußball natürlich genutzt. Seitdem konzentriere ich mich voll und ganz auf den Fußball, auch wenn ich von Eindhoven noch ab und zu nach Münster pendeln konnte . Da ich nun in Lissabon lebe, ist das aber unmöglich. Trotzdem haben sich die beiden Unternehmen weiter richtig gut entwickelt, das freut mich natürlich sehr. Heute bin ich nur noch zwei bis drei Mal im Jahr in Deutschland, feiere Weihnachten zu Hause und treffe mich mit meinen besten Freunden in Gronau.

2. Roger Schmidt scheint einen guten Riecher gehabt zu haben. Ihr kennt euch auch schon länger, richtig?

Genau. Ich hatte immer losen Kontakt zu Roger, der mich 2007 als Spieler zu Preußen Münster geholt hatte. Ich finde es übrigens absolut klasse, dass Preußen dieses Jahr in die 3. Bundesliga aufgestiegen sind und drücke ihnen die Daumen für weitere Erfolge. Jedenfalls wurde der Kontakt zu Roger 2021 immer konkreter und auf einmal war ich in seinem Trainerteam beim PSV Eindhoven. Wir hatten eine tolle Zeit dort und so viel Erfolg, dass schon ein Jahr später das Angebot von Benfica Lissabon kam. Unglaublich! Einer der größten und traditionsreichsten Vereine der Welt. Benfica war seit 2019 nicht mehr portugiesischer Meister geworden und um das zu ändern, wurde ein neuer Trainer gesucht. Dabei hat man sich dann für Roger entschieden, dessen klare Idee vom Fußball sehr gut zu diesem Verein passt. Mittlerweile hat Benfica zweimal das Viertelfinale der Champions League erreicht und jetzt auch noch den ersehnten Meistertitel.

»Dabei hat man sich dann für Roger entschieden, dessen klare Idee vom Fußball sehr gut zu diesem Verein passt.«

3. Wie sieht die Arbeit des Co-Trainers von Benfica Lissabon eigentlich konkret aus?

Damit der Cheftrainer die richtigen finalen Entscheidungen über Strategie, Taktik und Teamaufstellung treffen kann, unterstützt ihn sein Co mit allen relevanten Infos über Spieler und den kommenden Gegner. Auch in der täglichen Arbeit auf dem Trainingsplatz arbeiten wir eng zusammen. Zudem habe ich zum Beispiel während eines Spiels über unsere Analysten nochmal eine andere Perspektive und kann ihm in der Halbzeit wertvolle Tipps geben.

»Der hohe Erwartungsdruck macht mir nichts aus, ganz im Gegenteil, er spornt mich eher an.«

4. Es wurde und wird in Lissabon viel von Roger Schmidt und dir erwartet. Wie gehst du damit um?

Der hohe Erwartungsdruck macht mir nichts aus, ganz im Gegenteil, er spornt mich eher an. Benfica will Erfolge sehen und das Gefühl haben, die Richtigen dafür geholt zu haben. Wir geben jeden Tag unser Bestes, die Erfolge sind da und der Verein hat den Vertrag mit dem Trainerteam gerade bis 2026 verlängert. Ich fühle mich wirklich sehr wohl bei Benfica und in dieser Stadt und darf hier wirklich einem Traumjob nachgehen. Dazu noch jeder Tag schönes Wetter, ein fantastischer Blick vom Trainingsplatz über die Stadt bis zum Wasser: Manchmal muss ich mich zwicken, um das Ganze nicht für eine Illusion zu halten.

5. Sprichst du schon ein wenig Portugiesisch?

Nein, bis auf ein paar Brocken leider nicht. Portugiesisch ist schwer zu lernen, die Arbeit hier sehr intensiv und es bleibt einfach nicht genug Zeit für den Sprachunterricht. Mit den Spielern spreche ich Englisch.

»Das Ganze hätte vom Drehbuch her nicht spannender sein können.«

JENS WISSING

6. Neben Benfica gibt es mit Sporting Lissabon noch einen zweiten erfolgreichen Hauptstadtverein in der ersten portugiesischen Liga. Sind die Stadtderbys ähnlich brisant wie in der Bundesliga oder der Premier League?

Es gibt zwar eine lange Rivalität mit Sporting Lissabon, aber die Derbys verlaufen überwiegend friedlich. In jüngerer Zeit ist unser Hauptkonkurrent eher Porto, die letztes Jahr Meister waren und dieses Jahr ganz knapp hinter uns Zweiter wurden. Die Atmosphäre hier im Estadio da Luz ist übrigens unglaublich, die Fans sind voller Emotionen, Hingabe und Energie. Das spürst du auch überall in der Stadt.

7. Auf der Zielgeraden zum Meistertitel gab es noch zwei überraschende Niederlagen für Benfica. Wie habt ihr die weggesteckt?

Dazu kam ja auch noch das Ausscheiden in der Champions League. Für uns waren die Niederlagen zwar unglücklich, aber rückblickend gleichzeitig auch ein sehr entscheidender Moment der Saison. Wir wussten, dass wir im Hinblick auf die Meisterschaft wieder zulegen müssen und haben danach alles gegeben, diese einzige kleine Schwächephase der Saison wieder in die richtige Richtung zu drehen. Das ist uns ja dann auch gemeinsam gelungen.

»In der Kabine haben wir danach fast zweieinhalb Stunden lang getanzt und gelacht.«

8. Ihr habt die Meisterschaft erst am letzten Spieltag gesichert, wie hat sich das angefühlt?

Ganz ehrlich: ich bin heute noch dabei, die Eindrücke des Endspurts zu verarbeiten. Das Ganze hätte vom Drehbuch her nicht spannender sein können. Du weißt, dass du das letzte Spiel unbedingt gewinnen musst und hast wenige Stunden zuvor mitbekommen, wie Dortmund es in vergleichbarer Situation nicht geschafft hat. Wir waren dann aber von Anfang an voll da und wussten nach dem ersten Tor, dass es gut für uns läuft. Das Endergebnis lautete dann 3:0. Als der Schiedsrichter abpfiff, lagen sich alle in den Armen, Spieler, Zuschauern und unsere Freunde und Familien, die mit im Stadion waren. In der Kabine haben wir danach fast zweieinhalb Stunden lang getanzt und gelacht. Als wir rauskamen, war es schon dunkel geworden und das Stadion trotzdem noch voll, weil alle sehen wollten, wie uns der Meisterpokal überreicht wird. Von dort ging es mit Doppeldeckerbussen direkt zum Praça Marquês de Pombal, dem riesigen Platz mitten in Lissabon, wo Hunderttausende Menschen uns zujubelten. Die unglaubliche Wucht dieser Bilder, die überschäumenden Emotionen: Das war schon Gänsehaut pur.

»Ganz ehrlich: ich bin heute noch dabei, die Eindrücke des Endspurts zu verarbeiten.«

9. Die Entscheidung, als Trainer zu arbeiten, scheint sich für dich gelohnt zu haben. Aber war sie nicht auch riskant? Du hattest dir doch schon erfolgreich etwas in Münster aufgebaut und im Fußball kann schließlich alles passieren.

Das Ganze ist wie eine einzigartige Reise für mich. Ich bin glücklich – und ich habe Glück gehabt. Nicht jeder kann schließlich genau das machen, wofür er brennt. Dafür muss man manchmal mutige Entscheidungen treffen. Für mich hieß der Wechsel ins Trainergeschäft, Münster den Rücken zu kehren. Ja, das war riskant. Aber ich habe mir den Wechsel gut überlegt, mich bewusst für den neuen Weg entschieden und wurde bislang reichlich dafür belohnt. 

10. Dann passt die Headline ‚Erfolg kennt viele Wege‘ unseres ersten Beitrags über dich immer noch perfekt zu dir und deinem Leben, oder?

Ja, das stimmt. Du musst den Weg, für den du dich entscheidest, nur konsequent gehen. Ich habe in jeder meiner bisherigen Lebensphasen versucht, stets das Maximum zu investieren und ich bin davon überzeugt, dass man mit dieser Einstellung auf Dauer auch viel vom Leben zurückbekommt. Das gilt übrigens nicht nur im Beruf, sondern auch für Freundschaften –  und bestimmt auch für eure Bank, oder?

– Volltreffer, Jens. Vielen Dank für das interessante Gespräch. Alles Gute und weiterhin viel Erfolg mit Benfica.