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Quelle: Privatarchiv Tischlermeister Ralf Kötter

Der fliegende Tischler

______ Tischlermeister Ralf Kötter ist ein waschechter Eperaner. Er führt die Möbeltischlerei Kötter in dritter Generation und wohnt immer noch im selben Haus, in dem er geboren wurde. 1994 absolvierte er seine Gleitschirmausbildung und fliegt, sooft es geht, durch den Himmel über seiner Heimat, seit 2017 auch mit dem Motorschirm. Ralf Kötter baut aber nicht nur Möbel oder steigt in die Luft, sondern er ist außerdem ehrenamtlicher Heimatgefühlvermittler aus Leidenschaft.

DDer Start sieht noch ziemlich sportlich aus, doch dann gewinnt Ralf Kötter rasch an Höhe und der Himmel über der Heimat wird zu seinem Spielplatz. Es sieht schon toll aus, wenn der bunte Schirm des fliegenden Schreiners mit sanft brummendem Motor durch die Luft gleitet. „Das Gleitschirmfliegen ist 100 % mein Ding. All das, was sich unter mir abspielt, ist auf einmal nicht mehr ganz so wichtig. Man hat von hier eine völlig andere Perspektive und sieht die Dinge auch vom Kopf her ganz anders. Schon wenn ich den ersten Kreis fliege, erlebe ich das als große Freiheit.“ Seine Flugziele hängen vom Wetter ab und davon, wie viel Zeit er hat. Mal kreist er nur über Epe und fliegt in Richtung Gronau, mal deutlich weiter bis Langenhorst, Nienborg oder Bad Bentheim. Ralf Kötter ist mit seinem Schirm sogar schon zu einer Geburtstagsfeier geflogen und musste vor dem ersten Stück Torte erst einmal die Landebahn räumen lassen. „Die haben ganz schnell die Kühe für mich von der Weide geholt, damit ich landen konnte.“ Man könne zwar das ganze Jahr über fliegen, sagt er, doch bei Sonne wäre es für ihn am schönsten. „An solchen Tagen sieht man besonders gut, was unsere Heimat alles zu bieten hat, wie bunt und vielfältig die Welt da unten ist – einfach liebens- und lebenswert. Ich mag die ländliche Struktur, den gut erkennbaren Ortskern von Epe, die Dinkel, die Häuser der Freunde und Nachbarn, da geht mir jedes Mal aufs Neue das Herz auf.“ Viele Menschen in der Region erkennen ihren Heimatflieger mittlerweile schon von Weitem. „Wenn sie das Geräusch meines Motors hören, schauen sie zu mir hoch und winken: Da fliegt er wieder, der Herr Kötter!“

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  1. Der Heimatpilot macht sich mit einem 20-PS-Motor im Rucksack startklar für den nächsten Rundflug.

  2. Viel größer, als es von unten aussieht: Ein Gleitschirm von 12 m Spannweite hat eine ausgelegte Fläche von satten 30 m²

Ich staune immer wieder, was unsere Heimat alles zu bieten hat, wie bunt und vielfältig die Welt da unten ist – einfach liebens- und lebenswert.
RALF KÖTTER

Ich staune immer wieder, was unsere Heimat alles zu bieten hat, wie bunt und vielfältig die Welt da unten ist – einfach liebens- und lebenswert.

Ich staune immer wieder, was unsere Heimat alles zu bieten hat, wie bunt und vielfältig die Welt da unten ist – einfach liebens- und lebenswert.

Ein paar Stunden später sitzen wir in der kötterschen Tischlerwerkstatt auf einer wunderschönen handgefertigten Holzbank. Sie sieht fast genauso aus wie eine der Erzählbänke, von denen er und sein Team mittlerweile acht Stück in Epe eingerichtet haben und die, wie der Name schon sagt, sogar Geschichten erzählen können. „Dazu haben mich die norddeutschen Klönbänke inspiriert. Außerdem finde ich es einfach schön, wenn mir jemand etwas vorliest. So bin ich auf die Idee mit den Erzählbänken gekommen, für Epe natürlich, denn schließlich bin ich mit Leib und Seele Eperaner.“ Die Idee gefiel auch seinen Freunden im Ort. Das war wichtig, denn eine gute Bank konnte er zwar alleine bauen, aber für die lokalen Geschichten brauchte er noch engagierte Mitstreiter und Autoren mit Gespür für die Heimat. Gemeinsam haben sie die Holzbänke dann zum Sprechen gebracht. „In einem kleinen Tonstudio wurden die einzelnen Texte eingelesen, digital aufgenommen und geschnitten. An jeder Erzählbank gibt es dann einen QR-Code, mit dem man auf die Website des Heimatvereins kommt und den wahren Geschichten der einzelnen Bänke zuhören kann. Eine meiner Lieblingsbänke steht drüben am Eper Park, dort wo sich früher schon am Ostersonntag bis zu 150 Leute zum traditionellen Osterfeuer getroffen haben, organisiert von der Gnöverend.“ Was um Himmels Willen ist denn eine Gnöverend? Ralf muss lachen, als er unsere verdutzten Blicke sieht. „Früher gab es in Epe vier Osterfeuergemeinschaften. Eine davon ist der Gnöverend, darunter versteht man die Straßen der Nachbarschaft, beginnend an der Kreuzung Merschstraße/Oststraße und Steinfurter Straße, dann die ganze Gronauer Straße aus Epe heraus und deren Nebenstraßen. Die Gnöverend, zu der auch meine Familie gehört, existiert seit über 150 Jahren und ist die einzige der Gemeinschaften, die noch nach der alten Tradition ein symbolisches Osterfeuer im Park abbrennt. Darum kümmere ich mich gern persönlich, das gehört für mich zur selbstverständlichen Traditionspflege.“

Wenn man spätabends durch meine Heimatstadt geht, sieht man überall die dunklen Fenster leerstehender Geschäfte, manche davon sind schon seit vier, fünf Jahren geschlossen. Das wollte ich ändern und diese Fenster und den Standort neu beleben.

RALF KÖTTER

Ralf Kötter in der Werkstatt seines Familienbetriebs.
  1. Ralf Kötters Idee mit den wandernden Schaufenstern soll neues Leben in die Eperaner Innenstadt bringen.

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Der engagierte Tischlermeister kümmert sich aber nicht nur um die Tradition seiner Heimat, sondern mit seinem Projekt „Wanderndes Schaufenster“ auch um deren Zukunft. Während er davon erzählt, spürt man, dass er mit Leib und Seele Eperaner ist. „Wenn man spätabends durch meine Heimatstadt geht, sieht man überall die dunklen Fenster leerstehender Geschäfte, manche davon sind schon seit vier, fünf Jahren geschlossen. Das wollte ich ändern und diese Fenster und den Standort neu beleben. Also habe ich einem Ladenbesitzer angeboten, sein Schaufenster für meine Werbung zu nutzen und den kleinen Messestand meiner Firma dort auszustellen. Mein Angebot: Ich gebe dir 100 Euro für die Nutzung, der -Laden leuchtet wieder und ich übernehme natürlich noch die Stromkosten. Das Angebot fand er gut.“
So fing Ralf Kötter an, Schaufensterwerbung für sein Unternehmen zu machen. „Gleichzeitig wird das -Ladenlokal besser sichtbar, attraktiver und zieht potenzielle Mieter an. Ich halte es nämlich für wichtig, dass bei uns der Leerstand nicht komplett in Wohnungen umgewandelt wird, sondern dass auch neue Geschäfte in die Ladenlokale einziehen, das macht die Stadt eindeutig lebendiger.“ Wenn sich ein Interessent bei seinem Vermieter meldet, sucht sich der Schreinermeister ein anderes Fenster für seine Exponate. Mittlerweile ist er schon drei Mal weitergezogen, es funktioniert also. Die Idee gefiel auch befreundeten Eper Unternehmern und Mitstreitern, die heute gemeinsam mit ihm versuchen, durch diese Art der Hilfe zur Selbsthilfe mehr Leben in ihre Innenstadt zu bringen. „Sogar der WDR war schon da und hat darüber berichtet.“ Und jetzt auch wir.