*** HINTERGRUNDFARBE DER KOPFZEILE ANALOG ZUM ERSTEN ABSCHNITT ANZEIGEN ***
FFrau Wilpers, Sie arbeiten im EDEKA-Markt in Ahaus und haben wegen Corona ein besonderes Jahr erlebt. Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut. Mein Lebensgefährte, der den Markt leitet, und ich haben uns durchgekämpft, so gut es ging. Dabei haben uns alle Mitarbeiter bis hin zu den Schüleraushilfen super unterstützt.
Waren Sie nach einem besonders harten Tag manchmal froh, einfach wieder zu Hause zu sein und ein wenig Ruhe zu haben?(Lacht laut) Ruhe? Von wegen! Wir haben ja auch ohne Krise sechs Tage in der Woche geöffnet, erledigen vorher und nachher den Bürokram, die Warenannahme, das Einräumen und so weiter und so fort. Wenn ich dann nach Hause komme, freue ich mich vor allem auf meine beiden quirligen Töchter, die sind 10 und 13 Jahre alt. Denen helfe ich bei ihren Schularbeiten und kontrolliere die Aufgaben, die sie schon erledigt haben. Dann wird das Haus geputzt und für alle gekocht. Das Kochen übernehme ich immer, denn mein Partner kommt als Geschäftsführer noch viel später nach Hause als ich. Wenn wir gegessen haben, alles gespült ist und die Kinder im Bett sind, kehrt vielleicht ein wenig Ruhe ein.
Wie haben Sie den ersten Lockdown 2020 erlebt?
Auf den ersten Lockdown waren wir überhaupt nicht vorbereitet. Keiner wusste so richtig, was der für Auswirkungen und Regeln mit sich bringt, auch unsere Kunden nicht. Die allermeisten von ihnen waren trotz der Ausnahmesituation weiterhin supernett und geduldig, aber es gab eben auch ein paar Dauernörgler und Besserwisser. Die eine wollte, dass wir ihren Einkaufschip vor und nach dem täglichen Einkauf desinfizieren, ein anderer beschwerte sich immer, dass am Liefertag, wenn morgens die Gänge vor den Regalen voll mit Paletten stehen, der Mindestabstand an der einen oder anderen Stelle nicht eingehalten werden konnte. Anfangs wurden uns auch Toilettenpapier und Mehl schon direkt aus den Händen gerissen, bevor wir die Ware einräumen konnten. →
Die Top 7 meist verkauften Lebensmittel während der ersten Pandemie
© aheu/Statistisches Bundesamt
Plötzlich waren die
Regale leer – und
mein Arbeitsplan
so voll wie nie.
SANDRA WILPERS
Der Applaus für die Helden hinter den Kassen ist verklungen und wir haben uns längst wieder daran gewöhnt, dass es in unseren Supermärkten trotz Corona alles gibt, was wir für das tägliche Leben brauchen. Das liegt zum einen daran, dass mittlerweile auch der Letzte gelernt hat, dass Hamsterkäufe unnötig sind, und zum anderen daran, dass der Lebensmitteleinzelhandel auch während der Krise durcharbeitet und dafür sorgt, dass die Kunden auf nichts verzichten müssen.
Das war bestimmt nicht ganz einfach für Sie, oder?
Nein, das stimmt. Wir waren manchmal schon ziemlich genervt, weil wir uns unfair behandelt fühlten. Schließlich sind wir nicht schuld an den Maßnahmen, sondern wir haben sie nur umgesetzt, um die Sicherheit unserer Kunden und Mitarbeiter zu garantieren. Das scheint uns übrigens sehr gut gelungen zu sein, denn bei uns gab es während der gesamten Krise keinen einzigen Coronafall! Auf die zweite Welle waren wir dann schon wesentlich besser vorbereitet, und die Kunden ebenfalls. Der Tag fühlte sich schon fast wieder normal an, so wie vor Corona, bis auf die Masken, die Desinfektionsmittel und die Plexiglasscheiben an den Kassen.
Trotz aller Belastungen haben Sie es auch noch geschafft, mit dem Umbau Ihrer Filiale ein Zeichen in Richtung Zukunft zu setzen.
Ja, wir wollten unseren Laden trotz Corona unbedingt noch schöner machen. Deswegen haben wir ihn einfach für acht Tage geschlossen und im Rundumschlag alles renoviert. Die Obst- und Gemüseabteilung wurde neu dekoriert, die modernen Tiefkühltruhen sind effizienter und stromsparend, es gibt neue Kassentische und wir haben überall frisch gestrichen. Neue Farben, neuer Look, alles ist jetzt einfach schöner für die Kunden und für uns. Bei der Neueröffnung wurden wir dann für die ganze Mühe belohnt. Es war richtig was los, und das lag nicht nur an den Sonderangeboten, sondern auch daran, dass sich die Menschen mit uns darüber gefreut haben, dass es wieder was Positives und Neues zu sehen und zu erleben gab. Das war toll.
Wie haben Sie Privatleben und Beruf in dieser hektischen Zeit gemanagt?
Während des Lockdowns haben wir uns immer gegenseitig motiviert. Mittlerweile haben wir uns irgendwie daran gewöhnt, von Tag zu Tag zu leben und nicht mehr langfristig zu planen. Klar, manchmal sind wir mit den Kräften am Ende, aber trotz all dem Stress freuen wir uns jeden Morgen, in den Laden zu fahren, denn da ist immer richtig was los und man ist den ganzen Tag unter Menschen. Das finde ich viel besser als Homeoffice, dafür bin ich nicht der Typ.
- Frühmorgens Lieferungen annehmen, Ware prüfen,
Ware einräumen: Schon bevor der Laden öffnet, sind Noah Kiecke und seine Chefin täglich voll im Einsatz. - Dank Mitarbeiterin Susanne Grau und ihren tollen Kolleginnen und Kollegen blieben die Kunden in Ahaus auch während der Krise bestens versorgt.
- Kampf ums Toilettenpapier, gähnende Leere im Mehlregal: Deutschland im Hamsterfieber.
Ich glaube für manche
Kunden war ich der einzige
echte Kontakt am Tag.
SUSANNE GRAU (MITARBEITERIN)
Konnten Sie während der Krise auch mal abschalten?
Ja, natürlich. Das war nicht einfach, denn das gelingt meist nur am Sonntag, dem einzigen freien Tag. Unsere Hobbys haben wirklich dabei geholfen. Mein Partner züchtet Brieftauben und ich jogge total gerne. Die ersten Minuten denkt man beim Laufen noch über vieles nach, die Familie, den Laden und so weiter, aber dann wird der Kopf immer freier und man kann sich wunderbar entspannen. Wir gehen aber auch gerne alle zusammen raus, mit unseren drei Hunden, zwei Jack Russell Terriern und einem Weimaraner-Vizsla- Mix. Zum Beispiel rund um Graes oder in der Bröke, meinem Lieblingswald ganz nah bei Ahaus.
Wozu haben Sie jetzt am meisten Lust?
Unsere Koffer zu packen und mit der ganzen Familie irgendwo ans Meer zu fliegen. 14 Tage einfach abschalten und die Batterien mal wieder richtig aufladen. Das reicht, dann will ich sowieso wieder in den Laden zurück, weil ich da hingehöre und mir mein Job einfach viel zu viel Spaß macht.